Teufelskreis Prüfungsangst

Was tun bei Prüfungsangst? Wir haben bei der Psychologin Martina Schneider nachgefragt. Mit praktischen Tipps für Schüler*innen und Eltern.

Ein junger Schüler sitzt über den Aufgaben einer schriftlichen Prüfung und stützt verzweifelt seinen Kopf in seine Hände.

Ein Gespräch mit Psychologin Martina Schneider:

 

Die Schüler*innen bekommen nun bald ihre Schulnachrichten. Viele haben Angst vor schlechten Noten. Was würden Sie diesen Schüler*innen raten?

Mittleres Anspannungslevel optimal zum Lernen

Wir wissen, dass ein mittleres Anspannungslevel zum Lernen optimal ist. Eine zu hohe Anspannung wirkt sich auf unser Leistungsvermögen genauso negativ aus, wie eine „Mir-ist-alles-egal“-Einstellung.

Wenn wir große Angst haben, bei einer Prüfung zu versagen oder schlechte Noten zu bekommen, steigen die Anspannung und der innere Druck enorm. So wird unsere Gedächtnisleistung blockiert und die gelernte Information kann nicht gut verarbeitet und abgerufen werden. Es entsteht ein Teufelskreis.

Entspannungsstrategien

  • Mit verschiedenen Strategien können Schüler*innen lernen, mit ihren Ängsten umzugehen und die Anspannung zu verringern.
  • Entspannungs- und Atemübungen führen zu körperlicher Entspannung und zu mehr Ruhe und Gelassenheit in der Prüfungssituation.
  • Auch sich selbst Mut zusprechen, sich den eigenen Prüfungserfolg mit allen Details in der Fantasie auszumalen und Gedankenkreisel sofort zu unterbrechen sind wirkungsvolle Strategien gegen die Angst.
  • Nicht zuletzt schafft eine gute Vorbereitung mit den richtigen Lernstrategien Sicherheit und hilft, entspannter in eine Prüfung zu gehen.

Druck abbauen

Trotzdem kann es vorkommen, dass einmal eine Prüfung „daneben geht“, sowohl bei den gut Vorbereiteten als auch bei den weniger Engagierten. Es ist wichtig, sich hier den Druck rauszunehmen.

Prüfungen und Schularbeiten können wiederholt werden und sind „nur“ eine Momentaufnahme im Leben eines/r Schülers/in. Sich dafür zu verurteilen führt dazu, dass die Angst vor dem Versagen bei der nächsten Prüfung und damit auch die innere Anspannung wieder steigen. Der Teufelskreis beginnt erneut.

Fehler analysieren - optimistisch bleiben

Stattdessen würde ich raten, genau hinzusehen, warum es diesmal nicht geklappt hat und was man das nächste Mal besser machen könnte (z.B. mit Nachhilfelehrer*innen, mit den Eltern, in Lerngruppen).

Schüler*innen sollten sich dabei aber immer daran erinnern, dass eine Prüfung nicht über Leben und Tod oder alle Erfolge des Lebens entscheidet. Sie ändert auch nichts daran, was mich als Mensch ausmacht oder welche Fähigkeiten und Talente ich habe.

 

Viele Eltern wünschen sich für ihre Kinder gute Noten. Welche Botschaft würden Sie diesen Eltern mitgeben, wenn es mit den Noten nicht so klappt?

Erwartungsdruck verringern

Natürlich wünschen sich Eltern das Beste für ihre Kinder und dazu gehören in unserer von Leistung geprägten Gesellschaft auch gute Noten, die den Weg in ein erfolgreiches Berufsleben ebnen sollen.

Trotzdem möchte ich Eltern dazu ermuntern, den Erwartungsdruck von den Kindern zu nehmen. Oft trauen sich Kinder ihren Eltern gar nicht zu sagen, welchen Druck sie sich machen, um die Erwartungen ihrer Eltern nicht zu enttäuschen. Wenn es dann tatsächlich nicht klappt, entstehen vielleicht Scham oder Verzweiflung und ein Gefühl von „ich bin nicht gut genug, ich bin ein Versager“.

Hier ist es wichtig, die Kinder mit diesen Gefühlen nicht allein zu lassen, sondern ihnen zu vermitteln, dass sie als Person absolut in Ordnung sind und eine schlechte Note nichts daran ändern kann. Gemeinsam kann man dann natürlich an Strategien arbeiten, wie die Kinder für die nächste Prüfung besser unterstützt werden können.

Selbstvertrauen stärken

Was zudem helfen kann, ist sich bewusst zu machen, wo mein Kind seine Stärken und Talente hat. Vielleicht hat es Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung, die Geschichten sind dafür aber sehr kreativ und gut durchdacht. Jedes Kind hat eigene Stärken und Begabungen, diese auch dem Kind gegenüber zu würdigen, hilft das Selbstvertrauen nach einer misslungenen Prüfung wieder aufzubauen.

 

Angst vor Prüfungen, Tests, Schularbeiten, Referaten? Könnten Sie 3 praktische Tipps geben, wie Schüler*innen damit besser umgehen können.

  1. Lerne eine Entspannungstechnik und eine Atemübung, die dich körperlich entspannt und auch direkt vor der Prüfung beruhigt. Übe z.B. regelmäßig die Lippenbremse (in den Bauch einatmen und die Luft durch die leicht aufeinander gepressten Lippen wieder ausatmen)
  2. Unterbrich sofort Panikgedanken und Grübelei, sage dir dazu innerlich STOPP und ersetze den Angstgedanken mit einer positiven Botschaft an dich selbst (z.B. Ich habe mich gut vorbereitet, was auch immer kommt, ich kann damit umgehen.)
  3. Führe ein Erfolgstagebuch: schreibe dir alles, was dir gut gelungen ist auf (z.B. ein guter Aufsatz, eine kluge Wortmeldung im Unterricht). Das stärkt dein Selbstvertrauen und gibt in Momenten, in denen du an deinen Fähigkeiten zweifelst neue Kraft und Zuversicht! 

 

Welche 3 praktischen Tipps haben Sie für Eltern, deren Kinder unter Prüfungsangst leiden?

  1. Nehmen Sie Ihrem Kind den Erwartungsdruck und versichern Sie ihm, dass Sie es so lieben, wie es ist. Vermitteln Sie ihm, dass Sie es unterstützen, egal welche Noten es nach Hause bringt und Sie gemeinsam eine Lösung finden werden.
  2. Üben Sie gemeinsam mit Ihrem Kind eine Entspannungstechnik und die Atemübungen. So macht es mehr Spaß und Sie stellen sicher, dass Ihr Kind auch wirklich dran bleibt!
  3. Suchen Sie professionelle Hilfe, wenn Sie merken, dass die Prüfungsangst sehr stark ausgeprägt ist und beginnt, das Leben Ihres Kindes maßgeblich zu beeinflussen (z.B. Schulangst, psychosomatische Symptome).

 

LernQuadrat führte dieses Gespräch mit:

Mag. Martina Schneider

Klinische- und Gesundheitspsychologin
Lustkandlgasse 53/1
1090 Wien
www.psychologie-schneider.at
praxis@psychologie-schneider.at

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